Der Arbeitsamtblogger

Seit dem 01. April 2005 bin ich arbeitslos. Jetzt drücke ich mich öfter als mir lieb ist und länger als ich mir wünsche auf dem Arbeitsamt rum. In diesem Blog veröffentliche ich meine Eindrücke, Erlebnisse und gelegentlich auch Informationenen und Tips -- ich bin der Arbeitsamtblogger.

Montag, Mai 30, 2005

Über die Unzumutbarkeit zumutbarer Arbeit

Ab einem gewissen Zeitpunkt ist man als Arbeitsloser verpflichtet, jede zumutbare Arbeit anzunehmen. Ich weiß nicht ab wann. Ich weiß auch nicht, was zumutbar ist. Aber ich weiß, daß ich verhindern muß, daß es mich trifft.

Am Sonntag habe ich begonnen, die 25 Jahre alte Buddelkiste im Garten meiner Mutter zu sanieren. Weit gekommen bin ich nicht. Nachdem ich das Gestrüpp entfernt habe, das mittlerweile über den Sandkasten wucherte, habe ich den Humus -- früher war das mal Sand -- entsorgt.

Als ich 10 Schubkarren vollgeschippt, weggefahren und wieder ausgekippt habe, war ich platt. Mein Körper hat geschmerzt, meine Hände sind mit Blasen übersäht, und mein Selbstbewusstsein ist demoliert.

Meine zarte Informatikerstatur ist für körperliche Arbeit einfach nicht geeignet. Ein ganzer Mann ich nicht bin.

Freitag, Mai 27, 2005

Wie einen das Leben als Arbeitsloser verändert

Ich bin jetzt fast 2 Monate arbeitslos. In diesen 2 Monaten habe ich diverse Änderungen an mir und meinem Lebensstil bemerkt. Und das, obwohl es mir finanziell noch immer recht gut geht.

Hier die bemerkenswertesten Sachen:
  • Bei uns im Haus gibt es einen richtigen Bäcker, also einen der Brötchen bäckt anstatt sie nur aufzuwärmen. Das ist jetzt egal: wir kaufen keine Brötchen mehr.
  • Unser Wochenendeinkauf fällt kleiner aus und findet in Teilen beim Discounter statt.
  • Selbst wenn nur noch 5 EUR im Portemonnaie sind, gehe ich erst zum Automaten, wenn auch die alle sind.
  • Es werden keine CDs mehr gekauft. Saturn, soundflat.de und greenhellrecords.de werden grundsätzlich gemieden
  • Als ich mir letztens eine DVD gekauft habe, hatte ich ein schlechtes Gewissen.
  • Wenn meine Frau liest, daß ich mir schon wieder eine DVD gekauft habe, wird sie mich — wahrscheinlich zurecht — tadeln.
  • Das OX-Fanzine lesen macht keinen Spaß mehr. Das geplante Abo fällt weg.
  • Meine Frau und ich streiten uns übers Geld.
  • Ich überlege dauernd, wo wir sparen können: Wohnung, Tageszeitungen, c't, Internetanschluss.
  • Es stellt sich die Frage, ob man nach dem Training wirklich jedesmal mit in die Kneipe muß.
Das ist das, was mich an der Arbeitslosigkeit wirklich ankotzt.

Donnerstag, Mai 26, 2005

www.arbeitsagentur.de die 2-te

Als Arbeitsloser bin ich verpflichtet, mich intensiv darum zu kümmern, wieder in Arbeit zu kommen. Für mich ist es offensichtlich, daß das Team von www.arbeitsagentur.de Verstärkung braucht; im Grunde müßte man sich dort bewerben.

Auf der anderen Seite habe ich ein Faible für Design, Konsistenz und Benutzbarkeit. Ich mache Dinge gern richtig, bin stolz auf das, was ich tue, und richte mich nach den Wünschen meiner Kunden. Ich glaube, damit passe ich vielleicht ins Team aber definitiv nicht zum Auftraggeber.

Mittwoch, Mai 25, 2005

Scheinselbständigkeit

Wie schon öfter erwähnt, werde ich mich selbständig machen und mich dabei für 6 Monate durch das Arbeitsamt fördern lassen. Klar ist: das Arbeitsamt möchte keine Scheinselbständigkeit fördern. Da offensichtlich nicht jeder weiß, was darunter fällt, gibt das Arbeitsamt ein paar schöne Beispiele:
Unterfrachtführer, Kurierfahrer, die nur für ein Unternehmen arbeiten, Ausbeiner (Fleischzerleger) in Schlachthöfen, Regalauffüller in Warenhäusern und Eisenbieger.

Donnerstag, Mai 19, 2005

Und noch einer

Matthias, von Beruf Kameramann, hats auch getroffen:
Eigentlich bin ich nicht so der Typ, der sich groß über seine private Befindlichkeiten öffentlich auslässt und das gilt insbesondere auch für meine berufliche Situation. Eigentlich. Nun ist aber gerade mein “Markt” so ziemlich komplett zusammengebrochen [...]

Ich kann mir nichts dämlicheres vorstellen, als einen Kameramann auf Arbeitssuche. Das ist beruflich in etwa so speziell, wie Flugzeugführer, Bademeister, oder Puppenspieler. Und da ich in meinem Leben noch nicht auf dem Arbeitsamt war… äh, Agentur für äh- ahh, Bundesagentur für Arbeit, kann ich mir die Fragen des Sachbearbeiters schon wunderbar ausmalen.

Sonntag, Mai 15, 2005

www.arbeitsagentur.de

Der Internetauftritt des Arbeitsamtes ist einer der unübersichtlichsten, häßlichsten und instabilsten, die ich kenne. Insbesondere am Wochenende oder in den späten Abendstunden ist die Seite gern mal wegen Wartungsarbeiten geschlossen. Das machen die regelmässig. Wenn die Site städing runtergefahren werden muß, stimmt doch etwas nicht.

Was das Design angeht, so fällt mir wirklich nur ein Wort ein: potthäßlich. Das scheint die Corporate Identiy der Arbeitsagentur zu sein. Die Gebäude, die Formulare, der Chef, der Internetauftritt -- alles häßlich. Bei Kosten von 15 Mio Euro für den Webauftritt muß doch ein Designer drin sein.

Außerdem ist das Ding unübersichtlich. Hier ist die Aufgabe: Ermittele die Telefonnummer der Insolvenzgeldstelle Berlin-Mitte. Das ist eine echte Herausforderung. Und nun für Lichtenberg/Hohenschönhausen. Wer sich einbildet, hier ginge es genauso, der scheidet wegen Naivität aus.

Design, Nutzbarkeit und Implementierung des Webauftritts lassen stark zu wünschen übrig. Man kann nur eines sagen: hier waren ausgemachte Dilettanten am Werk.

Freitag, Mai 13, 2005

Arbeitslos und Spaß dabei

Und jetzt hoch die Tassen:

Arbeitslos und Spaß dabei
Vicki Vomit

Früher war'sch im VEB
'n ganz'n Doach am Fließband steh'n
doch wo dann des Westgeld koam
wollten die misch nisch mehr hoam

Dat'n die mir kündisch'n
erscht wollt'sch misch vorsündisch'n
Doch dann saacht mein Freund dor Walter:
"Laß den Kopf nisch häng'ng, Alter."

Gutgelaunt und sorschnfrei
arbeitslos un Spaß dabei
De Schinderei is jetz vorbei
arbeitslos un Spaß dabei
es Lähm is doch eimandfrei
arbeitslos un Spaß dabei
ich brauche nur zweierlei
arbeitslos un Spaß dabei

Mor treffen uns immer off'm Orbeitsamt
Dor Peter und isch un dor Hildebrandt
Dor Schorsch kommt mit'm Kasten Bier
"Tassen hoch!" - nu feiern mir!
Un die Dochdor von dor Schmidt
bringt die neusten Pornos mit
auf'm Gang vom Orbeetsamt
gerät de Party außer Rand und Band

Gut gelaunt und sorgenfrei....
(Solo)
Gut gelaunt und sorgenfrei....

Zu singen mit thüringer Akzent.

Donnerstag, Mai 12, 2005

Existenzgründerberatung

Ich hatte das bereits in einem Kommentar gepostet, aber es soll nicht unter gehen.

Wenn man sich selbständig macht, muß man sich gründlich informieren. Andernfalls ist man am Ende bevor es los geht. Erste Anlaufstelle ist das Existenzgründerportal der Bundesregierung. Dort findet man Broschüren, die den Wissensdurst stillen, und Software, die den Start erleichtert.

Ein Großteil des Materials ist auf "richtige" Geschäfte zugeschnitten, z.B. die Eröffnung einer Boutique. Eine Tätigkeit, für die man keinen Laden anmieten muß, keine Lagerhaltungskosten hat oder Leute anstellt, kommt in den Broschüren eher selten vor.

Es gibt diverse Gründerberatungen, sowohl private als auch öffentlich-rechtliche. Die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Berufsgenossenschaften bieten Kurse für werdende Gründer an.

Bei den privaten Beratungen muß man aufpassen, die haben teilweise etwas windige Geschäftsmodelle. Eine, bei der ich war, schien ihr Geld weniger mit Beratung und mehr mit dem Vermakeln von Versicherungen (Kranken-, Unfall-, Haftpflicht-, Rechtschutzversicherungen etc.) zu verdienen. Obwohl der erste Eindruck durchaus positiv war, empfand ich das als unseriös.

Als angehender Selbständiger kann man zum Arbeitsamt gehen und einen Antrag auf Erstattung von Coachingkosten stellen. Das ist eine Kann-Geschichte und wird von Arbeitsamt zu Arbeitsamt unterschiedlich gehandhabt. Es hat sich mittlerweile eine richtige Industrie gebildet die davon lebt, ihre Kosten durch Coachinganträge vom Arbeitsamt zu decken. Das geht teilweise so weit, daß die Gründungsberatung auch dann kostenlos angeboten wird, wenn das Arbeitsamt gerade keine Coachinganträge bewilligt. Frei nach dem Motto "Irgendwann fällt jeder in ein Förderraster, dann stellen wir den Antrag eben später und bekommen dann unser Geld".

Ich habe das Glück, daß ein Kumpel von mir eine Unternehmens- und Steuerberatung hat, und ich durch ihn gut betreut und beraten werde. Er nimmt zwar Geld, aber das ist OK für mich. Ich werde auch gern für die Arbeit bezahlt, die ich leiste.

Alles in allem kann man sein Informationsbedürfnis sehr gut über das Internet decken. Ich habe während meines Studiums eine Schmalspur-BWL-Ausbildung gemacht, die mir hilft, alles ein wenig besser zu verstehen.

Trotzdem kann ich nur empfehlen, sich einen Berater zu suchen, auch wenn es Geld kostet. Gerade am Anfang hilft das außerordentlich. Wer weiß schon, wann eine Umsatzsteuervoranmeldung fällig ist oder welche Informationen zwingend auf einer Rechnung auftauchen müssen?

Dienstag, Mai 03, 2005

Stress, Stress, Stress

Mann, bin ich gestresst. Wenn das so weiter geht, bin ich platt bevor es richtig los geht.

Um mich selbstständig zum machen muß ich: Informationen einholen, Businessplan schreiben, Gründungsberatung aufsuchen, Liquiditäts- und Rentabilitätsplanung erstellen, zum Steuerberater gehen, Erkundigungen einholen, ob es lohnt bei der BfA freiwillig rentenversichert zu bleiben, private Krankenversicherungen vergleichen, Zeit mit Frau und Kindern verbringen und zu guter Letzt Kontakt zu den zukünftigen Kunden aufbauen.

Puh. Ich bin froh, wenn ich mich wieder mehr um Sachen kümmern kann, die mir leicht fallen, wie IT-Beratung und Softwareentwicklung.